Um die Kritik einiger EU-Regierungen und -Parlamente zu umgehen, will die Europäische Kommission das Abstimmungsverfahren für anstehende Handelsabkommen mit Mexiko, Chile und den Mercosur-Ländern (Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay) ändern und die Abkommen leichter und schneller von der EU durchsetzen lassen. Wir, die Organisationen der Zivilgesellschaft, lehnen diesen Schritt ab, da er demokratischen Teilhaberechte untergraben würde!

Dieser so genannte “Splitting”-Versuch der Europäischen Kommission würde bedeuten, dass die handelspolitische Säule der bilateralen Assoziierungs-Abkommen mit Drittländern angenommen würden, ohne dass die Zustimmung aller EU-Mitgliedstaaten im Rat der Europäischen Union erforderlich wäre und ohne dass irgendeine nationale Ratifizierung erforderlich wäre. Dies wäre ein Angriff auf die Demokratie und eine gravierende Abkehr von den meisten derzeitigen Verfahren, bei denen die handelsspezifischen, politischen und investitionsbezogenen Säulen gemischter Assoziierungs-Abkommen einstimmig von den EU-Regierungen sowie von einer Mehrheit im Europäischen Parlament und von allen Parlamenten auf nationaler Ebene angenommen werden müssen. Der gesamte Prozess der Prüfung des EU-Mercosur-Abkommens basierte auf dem gemeinsamen Verständnis, dass die Mitgliedstaaten entweder im Rat oder durch die Ratifizierung auf nationaler Ebene ein Veto einlegen können würden. Die Kommission kann diesen Prozess nicht abkürzen. Dies würde zu verfahrenstechnischen Fallstricken führen und gegen die europäischen Verträge verstoßen.

Der Schritt der Europäischen Kommission ist ein zynischer technischer Weg, um sicherzustellen, dass die von ihr ausgehandelten Handelsabkommen trotz ihrer Kontroversen über Abholzung, Klimawandel und Menschenrechtsverletzungen schnell in Kraft treten. Das Manöver würde den Widerstand einiger EU-Regierungen und nationaler und/oder regionaler Parlamente aushebeln.

Im Falle des EU-Mercosur-Abkommens zum Beispiel würde diese Aufspaltung den Widerstand der Parlamente in Österreich, den Niederlanden, Wallonien und Brüssel umgehen, da ihre Zustimmung nicht mehr erforderlich wäre. Das Gleiche gilt für die derzeitigen Positionen einiger Regierungen, z. B. der französischen, die erklärt haben, dass sie das EU-Mercosur-Abkommen in seiner derzeitigen Form nicht ratifizieren können, weil sie negative Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsbestimmungen befürchten. Sie hätten dann im Rat der Europäischen Union kein Vetorecht mehr. Es wäre auch ein Verstoß gegen die Verhandlungsrichtlinien, die der Europäische Rat der Europäischen Kommission 1999 gegeben hat, und gegen dessen Schlussfolgerungen von 2018.

Wir Organisationen der Zivilgesellschaft lehnen das “splitting” von Handelsabkommen vehement ab. Die Aufspaltung der oben genannten Abkommen wird vorgeschlagen, um die bestehenden Bedenken über die negativen Auswirkungen dieser Abkommen auf die biologische Vielfalt, den Klimawandel und die Menschenrechte zu umgehen. Sie gibt wirtschaftlichen Interessen Vorrang vor Nachhaltigkeit. Eine Zustimmung aller EU-Regierungen und nationalen Parlamente ist ein wichtiger demokratischer Akt, der Landwirt*innen, Arbeitnehmer*innen, Verbraucher*innen und allen Bürgern Schutz bietet.

Wir fordern die EU-Handelsminister*innen, die EU-Regierungen und die nationalen Parlamentarier*innen auf, sich für die demokratische Kontrolle von Handelsabkommen einzusetzen und sich den unverschämten Versuchen der Europäischen Kommission, den Widerstand zu umgehen, entgegenzustellen.